Hallo Robert, ich glaube, ich habe das mit den Nockenwellen und den Spielen schon mal erklärt, aber ich mache das gern auch noch mal. Vielleicht interessiert es den einen oder anderen der Neuzugänge hier. Erst mal grundsätzlich zum Aufbau einer Erhebungskurve einer Nocke bei einem Motor mit mechanisch eingestellten Ventilspiel. Ein Nockenprofil besteht aus 4 Abschnitten. 1. Einer Anlauframpe 2. Einem Beschleunigungsabschnitt 3. Einem ersten Verzögerungsabschnitt 4. Einem zweiten Verzögerungsabschnitt Dann sind wir an der Nockenspitze und diese Form setzt sich auf der zweiten Seite in umgekehrter Reigenfolge fort. Bevor jetzt einer schreit, meine Nockenwelle hat aber eine asymmetrische Form, gemach, die Erklärung kommt später. Was machen diese Abschnitte? Der Erste sorgt dafür, dass alle im Ventiltrieb beteiligten Teile ohne Ruck und Beschleunigung kraftschlüssig sind. Jetzt bekommt das Ventil im nächsten Abschnitt die einzige Öffnungsbeschleunigung. Einerseits so schnell, dass der Ventilquerschnitt so schnell und soweit wie möglich öffnet, andererseits so langsam, dass das Ventil bei dieser Beschleunigung und Höchstdrehzahl nicht dem Kolben folgt, sondern dem Nockenprofil. Die beiden letzten Abschnitte sorgen dafür, dass das Ventil sich mit Hilfe der Ventilfeder bis zum Stillstand im Umkehrpunkt beruhigt. Die Beschleunigungsphase bestimmt allein, welche Ventilfeder gefahren werden muss, denn nur in diesem Bereich kommt es zum Abheben bei Höchstdrehzahl wenn die Feder zu schwach ist. Danach nimmt die Federkraft weiter zu, was aber eigentlich unerwünscht ist, da nun auch die Flächenpressung zunimmt, was sowohl der Nocke als auch dem Nockenfolger auf Dauer schadet. Also, ran und eine degressive Feder erfinden. Bei einem Ventiltrieb mit hydraulischem Ventilspielausgleich hat die Nockenwelle KEINE Anlauframpe. Hier ist der Nocken immer mit dem Nockenfolger kraftschlüssig. Das geschieht durch Ausgleichsbohrungen, die dafür sorgen, dass bei geschlossenem Ventil Öl nachfließen kann (hört man häufig bei älteren Motoren mit hydr. Ausgleich wenn der Motor gestartet wird und sich dieser Ausgleichsraum noch füllt). Dehnen sich die Teile durch Wärme aus, kann das überschüssige Öl auch wieder den Ausgleichsraum verlassen. Merke, nie eine Hydrowelle in einen Kopf mit mechanischem Ventilspiel oder umgekehrt. Kurz erklärt was passieren würde. Mechanische Nocke in Hydro-Kopf: Die Anlauframpe würde immer mit ihrer gesamten Form, die ja eigentlich nur die Teile kraftschlüssig bringen soll, das Ventil öffnen. Das würde bedeuten ganz langsam. Hat die Folge, dass die heißen Abgase wie eine Schweißflamme zwischen Ventil und Ventilsitz durch pfeifen und in Kürze ist das Ventil verbrannt. Hydronocke in Mechanik-Kopf. Da es KEINE Rampe gibt, würde man das Ventilspiel in dem Beschleunigungsabschnitt einstellen. Folge, das Ventil würde schlagartig geöffnet, was dann wie ein Hammerwerk klingt. Außerdem wären die Beschleunigungsspitzen so hoch, dass es schnell zum Ventilflattern käme. Kurz den Unterschied zwischen Nockenform und Erhebungskurve erklärt. Die Erhebungskurve wird für den Motor und dessen Einsatzzweck berechnet (siehe oben die einzelnen Abschnitte). Die Nockenform ergibt sich aus der Ventilsteuerung. Nocke auf Tasse (typischerweise bei vielen Sportmotoren) Nockenform ist symmetrisch, weil der Nockenfolger eine ebene Fläche ist. Nocken auf Schlepp- oder Kipphebel, Nockenform ist asymmetrisch, weil der Nocken über den Radius ständig ein anderes Übersetzungsverhältnis beschreibt. Wichtig ist bei beiden Systemen, dass die Erhebungskurve symmetrisch bleibt. Warum hat der SpeedSix Schlepphebel statt Tassen? Zwei Gründe: 1. Es lassen sich engere Ventilwinkel verwirklichen, da die Tassen sich irgendwann im Wege wären. 2. Und das ist der wichtigere Grund, das Gewicht. Wurden früher in der Formel Eins auch Tassen gefahren, so sind es heute ausnahmslos Schlepphebel. Der Grund ist folgender. Die Tassen müssen eine Mindestlänge wegen der Führung in der Tassenbohrung haben und einen Mindestdurchmesser, damit der Nocken beim Überfahren des Nockens immer eindeutig die Fläche berührt, was bei der Stellung 45° den größten Bedarf hat. Dadurch sind schnell die Grenzen der Gewichtsreduzierung bei der Tasse erreicht. Auch wenn man zur Spieleinstellung nur kleine Shims innerhalb der Tasse auswechselt (System Alfa) anstatt Einstellpatten zwischen Tasse und Nocke (System VW). Der Schlepphebel der ja auf der Schlepphebelwelle gelagert ist, kommt als oszillierende Masse nur zur Hälfte zum Tragen. Kann im Extremfall in Alu oder Titan( dann muss er aber eine Bronzebuchse an der Schlepphebelwelle haben, da Titan schnell zum Fressen neigt) ausgeführt werden und nur an der Berührungsfläche mit dem Nocken in Hartschalenguss oder Hartmetall verstärkt werden. Einstellung des Ventilspiels mittel kleiner Shims, wie beim TVR ist das Optimum. Warum Ventilspiel einstellen bei mechanischem Ventiltrieb? Die Anlauframpe wird je nach Motor so ausgelegt, dass sie bis zu 0,5mm ausgelegt und über 20°-30° Drehwinkel berechnet ist. Bei Sport-und Rennmotoren sind das 0,2-03mm und 10°-20° Drehwinkel. Die Angabe für die Einstellung beschreibt in der Regel genau den Mittelwert. Da die Auslassseite wärmer wird, ist dort die Rampe etwas größer. Zweck ist, kalter Motor, viel Spiel, trotzdem kein tickern. Warmer Motor alle Teile auf Größtmaß und trotzdem sitzen die Ventile im Ventilsitz und Nocke hat immer noch geringes Spiel zum Nockenfolger. Ergo, nicht die Thousends of an inch suchen, es kommt nicht auf die letzten Hunderstel an. 5/100mm Abstufung reicht völlig aus. Warum muss ich das Ventilspiel einstellen? Bei den üblichen Motoren, wir reden immer noch über die mechanische Ventilspieleinstellung, vergrößert sich das Ventilspiel im normalen Betrieb, weil sich Ablagerungen am Ventilsitz und Ventil absetzen. Somit sitzt das Ventil tiefer im Brennraum. Was den Anstand zum Nockenfolger vergrößert. Beim SpeedSix, einer der schönsten Motoren die Motorwelt je gesehen hat, bestehen die Ventilsitze aus einer Beryllium-Legierung. Hochgradig giftig und krebserregend aber ein Supermaterial was die Wärmeabfuhr angeht (schon immer das Vorzugsmaterial in der Formel eins, aber wegen der Giftigkeit jetzt verboten). Leider ist die Legierung, nicht das Beryllium, wegen dem Kupferzusatz etwas weicher, als die handelsüblichen Sitzmaterialien. Somit verdichtet sich das Material noch etwas im Betrieb und das Ventilspiel kann sich deshalb verringern. Zu der Giftigkeit, das gilt für eingeatmeten Stäube und nicht für die Späne selbst, die bei der Bearbeitung entstehen. Wenn noch Fragen sind, nur zu.
Gruß Helmut
_________________ ..be a Part of the Legend... Dr. h.c. of Counseling Lord of Oakwood Turbochargers are for Peoples who can't build Engines. Keith Duckworth
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